Freie Stellen zu besetzen, ist schwieriger geworden. Eine Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) belegt diese Erfahrung vieler Kitas. Das IBA erwartet für die Zukunft sogar noch eine Verschärfung der Situation. Der Deutsche Kitaverband fordert eine multifunktionalere Zusammensetzung der Kita-Teams.

In einer repräsentativen Erhebung befragte das IAB Arbeitgeberinnen und -arbeitgeber unterschiedlicher Branchen nach Stellenangeboten und Besetzungsprozessen für den Zeitraum 2017/18. Der Vergleich der Ergebnisse zeigt für den Erzieher*innenberuf auffallend starke Rekrutierungsprobleme. Die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber auf eine Stelle ist mit durchschnittlich fünf deutlich geringer als in andern Berufen, wo im Mittel elf Bewerbungen vorliegen. Zudem dauert die Personalsuche länger: Im Durchschnitt vergehen dreieinhalb Monate, bis eine Stelle neu besetzt ist, in anderen Sparten unter 90 Tage. Dr. Anja Warning, Mitarbeiterin im Forschungsbereich „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ im IAB, bezeichnet den Erzieher*innenberuf als Engpassberuf und sieht diese Einschätzung bestätigt durch einen Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2019.

Vorhandenes Personal besonders belastet

„Kindertagesstätten können bei Personalmangel kurzfristig nicht über eine Verringerung der Zahl der zu betreuenden Kinder gegensteuern. Unbesetzte Stellen bringen deshalb besonders hohe Belastungen beim vorhandenen Personal mit sich. Personalmangel gefährdet die Qualität der Bildungsarbeit und nicht zuletzt die Attraktivität des Erzieherberufes“, fasst Warning die Lage in vielen Kitas zusammen.

Keine Entspannung in Sicht

Anstieg von Geburtenzahlen, Ausbau von U3-Betreuung, Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen: Der Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern werde weiter steigen, zumal über ein Drittel der derzeit Beschäftigten älter als 50 Jahre seien, so der IAB-Bericht. Warning sieht es als dringlich an, dass die Politik den Erzieher*innenberuf stärker in den Fokus nimmt. Als Ansatzpunkte schlägt sie unter anderem vor, die Zahl der Ausbildungsplätze weiter zu erhöhen, den schulischen Ausbildungsanteil zu vergüten, die Arbeitsbedingungen und Vergütung grundsätzlich zu verbessern und mehr Möglichkeiten für einen Quereinstieg zu schaffen.

Deutscher Kitaverband: Spielräume bei Stellenbesetzungen ermöglichen

Waltraud Weegmann, die Bundesvorsitzende des Deutschen Kitaverbandes kommentiert die Untersuchungsergebnisse des IAB-Berichtes wie folgt: „Die Befunde des IAB über die Schwierigkeit, Erzieherinnen und Erzieher zu finden, sind richtig. Ein Stimmungsbild unter 325 Kita-Trägern und Kita-Verantwortlichen im ganzen Bundesgebiet, die der Deutsche Kitaverband im Sommer 2019 befragte, ergab, dass 80 Prozent der Befragten die Gewinnung von Fachkräften als die dringendste Herausforderung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe betrachten. Im Kita-Bereich ist deshalb mehr Flexibilisierung nötig: Denn der Arbeitsmarkt in der Kinder- und Jugendhilfe ist streng nach Fachkraft-Kriterien reguliert. Dies wird der heutigen Situation in den Kitas nicht gerecht. Um dem heutigen Auftrag der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung in Kindertagesstätten gerecht zu werden, fordert der Deutsche Kitaverband in allen Kindertagesstätten multifunktionale Teams. Ziel ist es, für die Träger Spielräume bei der qualifizierten Besetzung aller Stellen zu schaffen.“

Links

Foto: Pixabay