Landesverband Nordrhein Westfalen
Arbeitspapier

Sozialdienstleister Einsatzgesetz (SodEG): Regelungen und ungeklärte Umsetzungsprobleme für Kita-Träger

Wen betrifft das Gesetz?

Das Gesetz betrifft sog. soziale Dienstleister.
Das sind im Sinne des Gesetzes
a) natürliche und juristischen Personen und Personengesellschaften, die
b) zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten nach dem 5. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)
c) in einem Rechtsverhältnis zu einem Leistungsträger nach Satz 1 zur Erfüllung von Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch oder dem Aufenthaltsgesetz stehen. Nach § 27 Abs. 2 SGB I sind für Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege die Kreise und die kreisfreien Städte, nach Maßgabe des Landesrechts auch kreisangehörige Gemeinden, als Leistungsträger zuständig.

Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten nach dem 5. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sind hoheitliche Entscheidungen, die im örtlichen Tätigkeitsbereich von sozialen Dienstleistern unmittelbar oder mittelbar den Betrieb, die Ausübung, die Nutzung oder die Erreichbarkeit von Angeboten der sozialen Dienstleister beeinträchtigen, z.B. ein Zutrittsverbot zur Kita.

Beispiel: Für Kita-Träger in NRW als soziale Dienstleister ist ausschlaggebend, ob der Träger am 14.03.2020, dem Beginn des Zutrittsverbots, in einem Rechtsverhältnis zu einem Kreis bzw. einer kreisfreien Stadt stand (Förderung mit Zuwendungsbescheid) und von Fördermittel zur Erfüllung von Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch (hier: SGB VIII) erhielt.

Was sind die Bedingungen der Mittelgewährung nach dem Sozialdienstleister Einsatzgesetz?

Der soziale Dienstleister muss mit der Antragstellung erklären, dass er
a) alle nach den Umständen zumutbaren und rechtlich zulässigen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel in Bereichen zur Verfügung zu stellen, die
b) für die Bewältigung von Auswirkungen der Corona-Virus-Krise geeignet sind.
In seiner Erklärung muss der soziale Dienstleister Art und Umfang dieser zumutbaren und rechtlich zulässigen Unterstützungsmöglichkeiten anzeigen, um seine tatsächliche Einsatzfähigkeit glaubhaft zu machen.
In der Kommentierung erläutert der Gesetzgeber diese Anforderungen näher:

„Von den sozialen Dienstleistern wird erwartet, dass sie sich aktiv in die Bewältigung der Corona Krise einbringen. Zuschüsse der Leistungsträger sind dabei nur dann zu gewähren, wenn die sozialen Dienstleister erklären, dass sie unter Ausschöpfung aller nach den Umständen zumutbaren Möglichkeiten unter Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen (z. B. arbeitsrechtliche Bestimmungen) Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel in Bereichen zur Verfügung stellen, die für die Bewältigung von Auswirkungen der Pandemie einsetzbar sind, insbesondere in der Pflege und in sonstigen gesellschaftlichen und sozialen Bereichen (z. B. die Unterstützung bei Einkäufen, Begleitung bei Arztbesuchen, telefonische Beratung in Alltagsangelegenheiten). Es soll ein subsidiär greifender Sicherstellungsauftrag der Leistungsträger für die sozialen Dienstleister geregelt werden, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen erbringen.“

Die Formulierungen des Gesetzes lassen zu, dass Kita-Träger, die ihre Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel aufgrund von Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten z.B. eines Zutrittsverbots, nicht zweckentsprechend einsetzen können, diese ggf. in Bereichen zur Verfügung stellen, die für die Bewältigung von Auswirkungen der Pandemie einsetzbar sind.
Wichtig: Dies muss
a) zumutbar sein und
b) die rechtlichen Rahmenbedingungen z. B. die Arbeitsverträge der Mitarbeiter*innen, dürfen dem nicht entgegenstehen.
Anders ausgedrückt: Der Gesetzgeber erwartet von sozialen Dienstleistern, die Zahlungen aus diesem Gesetz in Anspruch nehmen zwar, dass sie ihre Kapazitäten der Pandemie-Bekämpfung zur Verfügung stehen, verlangt dies jedoch nur im Rahmen des rechtlich machbaren. Das Arbeitsrecht findet hier besondere Beachtung.

Wie stellen Leistungen nach dem Gesetz die Existenz der sozialen Dienstleister sicher?

Dazu zahlen die zuständigen Sozialleistungsträger einen monatlichen Zuschuss an die einzelnen sozialen Dienstleister ab dem maßgeblichen Zeitpunkt aus – das ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens von Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten nach dem 5. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), aus.

Wie hoch sind die Zahlungen der Sozialleistungsträger?

Für die Berechnung der Zuschusshöhe wird ein Zwölftel der im zurückliegenden Jahreszeitraum geleisteten Zahlungen in den in jeweiligen Rechtsverhältnissen ermittelt (Monatsdurchschnitt).
Der monatliche Zuschuss beträgt dann höchstens fünfundsiebzig Prozent dieses Monatsdurchschnitts.
Die Zuschüsse werden
– auf Antrag durch Verwaltungsakt oder
– auf Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gewährt.
War der Zeitraum eines Rechtsverhältnisses zum maßgeblichen Zeitpunkt kürzer als zwölf Monate, richtet sich die Höhe des Monatsdurchschnitts nach dem Durchschnittsbetrag dieses Zeitraums.
Sind berechnungserhebliche Zeiträume kürzer als ein Monat, sind entsprechende Anteile zu bilden.

Wie sieht die Umsetzung im Land Nordrhein-Westfalen aus?

Das Gesetz stellt aktuell erst einmal die Grundlage dafür dar, dass in den Bundesländern – wo notwendig – Regelungen zur weiteren Umsetzung verabschiedet werden können.

Für den Bereich der Kinderbetreuung hat sich das Land NRW und der zuständige Fachminister Dr. Stamp positioniert: „„Wir haben (…) gemeinsam mit den Kommunen entschieden, dass die Finanzierung der Kindertagesbetreuungsangebote durch Land und Kommunen unabhängig von der konkreten Inanspruchnahme weiter vollständig sichergestellt ist.“
Für alle nach dem SGB VIII und dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz) geförderten Kita-Träger in NRW scheint es derzeit unwahrscheinlich, dass sie damit die Unterstützung nach dem SoDEG in Anspruch nehmen müssen.
Wird das Zutrittsverbot verlängert, könnte sich eine andere Situation ergeben.

Welche noch nicht geklärten Probleme gibt es hinsichtlich steuerrechtlicher Fragen?

Nicht abschließend geklärt ist, wie die Finanzverwaltung einzelne Tatbestände in den Gesetzes-Regelungen sieht:
– Überlassung von Räumen, Sachmitteln und Personal = umsatzsteuerpflichtige Leistung?
– Zuschüsse = Umsatzsteuer- bzw. Körperschaftsteuer-pflichtig?
– Überlassung nach § 1 SodEG umsatzsteuerrechtlich und körperschaftsteuerrechtlich = satzungsgemäße und zweckverwirklichende Tätigkeit und kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne der Abgabenordnung?
Dazu liegt dem Bundesfinanzministerium seit Freitag, 27.03.2020, eine Anfrage der Wohlfahrtsverbände auf Bundesebene vor.

 

Mit Arbeitspapieren stellt der Deutsche Kitaverband NRW eine Information zur Verfügung, für deren Richtigkeit keine Gewährleistung übernommen werden kann.

 

Foto: CDC auf Unsplash