„Verantwortung kann man nicht delegieren!“
Zum diesjährigen Fachtag des Deutschen Kitaverbands kamen 120 Expert:innen, Praktiker:innen sowie politische Entscheidungsträger:innen in der Robert Bosch Stiftung in Berlin zusammen, um die aktuellen Herausforderungen und zukünftigen Entwicklungen der Trägerlandschaft in Deutschland zu diskutieren. Ziele: Die Bandbreite der Verantwortlichkeiten zu zeigen und praxisnahe Lösungsansätze aufzuzeigen.
Eröffnung: Waltraud Weegmann betonte die Notwendigkeit hoher Trägerqualität
Waltraud Weegmann, DKV-Bundesvorsitzende, eröffnete den Tag mit einem klaren Plädoyer für Investitionen in die Trägerqualität. In ihrer Rede hob sie hervor, dass Träger von Kindertageseinrichtungen nicht nur für die operative Leitung, sondern auch für die langfristige Sicherstellung der Bildungsqualität verantwortlich sind. Investitionen in hohe Trägerqualität haben daher nicht nur sozialpolitisch eine hohe Bedeutung, sondern sind ebenfalls eine nachhaltige Investition in die Zukunft der Gesellschaft. Der DKV ist der einzige Fachverband, der sich bundesweit und auf Länderebene für die Interessen der Kita-Träger einsetzt und damit eine zentrale Rolle in der Qualitätssicherung der frühkindlichen Bildung spielt.
Wissenschaftliche Impulse: Bedeutung und betriebswirtschaftliche Herausforderungen von Trägern
Am Vormittag setzten zwei wissenschaftliche Vorträge wichtige Impulse: Prof. Dr. Ralf Haderlein von der Hochschule Koblenz erläuterte, dass die Qualität der Träger entscheidend für die Kita-Qualität ist. Träger übernehmen dabei Aufgaben wie die Steuerung, das Management und die Personalführung, was direkt auf die Bildungsqualität Einfluss nimmt. Er betonte, dass Träger als zentrale Steuerungseinheiten fungieren, die auch die Innovationskraft von Kitas maßgeblich beeinflussen.
Dr. Nils Geib von der Universität Hamburg thematisierte die betriebswirtschaftlichen Herausforderungen des Managements von Nonprofit-Organisationen. Er ging insbesondere auf die Finanzierung und die internen Kosten von Kitas ein, die häufig nicht ausreichend gedeckt sind. Eine wichtige Erkenntnis war, dass gemeinnützige Träger, obwohl sie theoretisch Gewinne erwirtschaften könnten, diese reinvestieren müssen, um ihre langfristige Stabilität zu sichern.
Paneldiskussion: Bildungsgerechtigkeit, Fachkräftemangel und Vereinbarkeit
Ein Höhepunkt des Fachtags war die erkenntnisreiche Paneldiskussion mit Dr. Barbara Dorn (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände), Prof. Dr. Bernhard Kalicki (Deutsches Jugendinstitut) und Waltraud Weegmann (Deutscher Kitaverband), moderiert von Silke Fokken (Der Spiegel). Im Zentrum standen die vielfältigen Aufgaben der Kita-Träger im Spannungsfeld zwischen Bildungsgerechtigkeit und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Dr. Dorn betonte die Schlüsselrolle der Kitas für die frühkindliche Potenzialentwicklung und sprach sich für eine stärkere Förderung von MINT-Bereichen bereits im Kita-Alter aus. Prof. Dr. Kalicki würdigte die Fortschritte und hohe Identifikation der Fachkräfte in Kitas, hob aber zugleich die dringende Notwendigkeit hervor, mehr Fachkräfte zu gewinnen und die Attraktivität des Berufs zu steigern. Waltraud Weegmann verwies auf die steigenden Managementanforderungen und die Vielzahl unterschiedlicher Bildungspläne, die die Träger zusätzlich belasten und einheitlichere Regelungen zur Sicherstellung der Bildungsqualität notwendig machen.
Die Teilnehmenden waren sich einig: Kita-Träger brauchen gezielte politische Unterstützung, um ihre zentrale Rolle für Bildung und Vereinbarkeit auch in Zukunft erfolgreich ausfüllen zu können.
Workshops: Praxisorientierte Lösungsansätze zu Management, Qualität und Personalgewinnung
Am Nachmittag konnten die Teilnehmenden in sechs Workshops zu spezifischen Themen wie Trägermanagement, Finanzierung und Personalgewinnung tiefere Einblicke gewinnen.
– Träger-Management und rechtliche Rahmenbedingungen: Barbara Grimm (Dibber gGmbH), Nikolaus Kömen (Allianz) und Dr. Beate Schulte zu Sodingen (DOMBERT Rechtsanwälte) beleuchteten im Workshop die steigenden regulatorischen und arbeitsrechtlichen Anforderungen, die Kita-Träger zunehmend vor Herausforderungen stellen. Diskutiert wurden Fragen zu den komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen, wie Arbeitszeiterfassung und den spezifischen Haftungsrisiken für Trägerleitungen. Die Referenten gingen auch auf die Benachteiligung gemeinnütziger Träger im Vergleich zu öffentlichen Trägern ein und sprachen über die Notwendigkeit klarer Versicherungsstrategien, um das persönliche Risiko der Geschäftsführungen abzusichern.
– Qualitätssteuerung und Evaluation: Waltraud Weegmann (DKV-Vorsitzende), Stefan Spieker (Fröbel Bildung) und Prof. Dr. Ralf Haderlein (Hochschule Koblenz) thematisierten Wege, wie Träger die pädagogische und organisatorische Qualität in Kitas langfristig steuern können. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der Struktur- und Ergebnisqualität. Die Einführung bundesweit einheitlicher Qualitätskriterien und ein verlässliches Evaluationssystem für Kitas wurden als wesentliche Schritte genannt, um Qualität transparent zu machen und kontinuierlich zu verbessern. Alle Referenten betonten, dass Träger als Steuerungsinstanzen gezielt Einfluss auf die Kita-Qualität nehmen können, und setzten sich dafür ein, Kitas als vollwertige Bildungseinrichtungen anzuerkennen, die weit über die Betreuung hinausgehende Bildungsarbeit leisten.
– Personalgewinnung aus dem Ausland: In diesem Workshop widmeten sich die Referenten Majda Duvnjak (Internationaler Bund e.V.) und Sebastián Merle (Bundesagentur für Arbeit) der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. Sie erläuterten die Chancen und Herausforderungen, die mit der Integration internationaler Fachkräfte verbunden sind, und hoben hervor, dass ein erfolgreiches Onboarding nur durch gezielte Sprachförderung, kulturelle Einarbeitung und passende Integrationsangebote gelingen kann. Die Diskussion konzentrierte sich auf spezifische Anforderungen an Sprachkenntnisse, die Anerkennung von Qualifikationen und kulturelle Unterschiede, die es zu berücksichtigen gilt.
– Träger-Management und Finanzierungsfragen: Im Workshop mit Bärbel Springer (pme Familienservice), Dr. Beate Schulte zu Sodingen (DOMBERT Rechtsanwälte) und Tanja Kirschner (Umweltbank) wurde deutlich, dass die gestiegenen internen Kosten vieler Kita-Träger oft nicht ausreichend gedeckt sind. Zwar könnten gemeinnützige Träger theoretisch Gewinne erzielen, diese müssten jedoch reinvestiert werden, und die Möglichkeit zur Rücklagenbildung hängt von kommunalen und länderspezifischen Regelungen ab.
Zusammenfassung und Ausblick
Der Fachtag endete mit einer abschließenden Diskussionsrunde, in der die Ergebnisse der Workshops zusammengetragen und die nächsten Schritte für die Verbesserung der Trägerqualität skizziert wurden. Waltraud Weegmann fasste die Hauptthemen zusammen: Die Träger müssen in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben angesichts steigender Anforderungen professionell zu erfüllen. Es braucht sowohl politische Unterstützung als auch eine Reform der rechtlichen Rahmenbedingungen, um die Arbeit der Träger zu erleichtern.
Der Fachtag war nicht nur eine Plattform für den fachlichen Austausch, sondern lieferte auch wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung der Trägerlandschaft in Deutschland. Der Deutsche Kitaverband bedankt sich bei allen Teilnehmenden und freut sich auf die zukünftige Zusammenarbeit, um die Qualität in den Kitas weiter zu sichern und auszubauen.
Präsentationen:
Nonprofits professionell managen: Herausforderung für das Management von Kitas